Vergleich von Homöopathika und Psychopharmaka: Was für ein Unfug!

 

Die aktuelle Homöopathie-Diskussion

Wohl kaum einem, der sich für diese Themen interessiert, wird die Diskussion über Homöopathie entgangen sein, die in den letzten Tagen in den sozialen Medien geführt wurde. Kurz zusammengefasst ging es um die Kostenerstattung für die Globulibehandlung durch die Techniker Krankenkasse (TK). Dabei kam es zum einen zu einer äußerst schrägen Argumentation der TK, zum anderen aber wurde deutlich, dass trotz des Fehlens einer Wirksamkeit diese „Behandlung“ von der Kasse auch weiterhin finanziert wird.

Die Diskussion zog weite Kreise und es lösten sich Argumentationen von Homöopathie-Kritikern und –befürwortern ab. Eine Zusammenfassung gibts z.B. auf Meedia.

Es ist nun schon sehr viel zu diesem Thema gesagt. Warum ich jetzt auch noch etwas dazu schreibe? Das liegt an einem Artikel des Focus. Dort wird die Vorsitzende des Deutschen Zentralvereins homöopathischer Ärzte, Dr. Cornelia Bajic, folgendermaßen zitiert:

„Bei Psychopharmaka weiß auch keiner, wie sie genau funktionieren. Aber sie wirken.“

Diese Argumenation der Homöopathen ist geradezu ein Klassiker: Wir wissen nicht, wie und warum, aber die Kügelchen sind wirksam. Dass sie das nicht sind und dass viele Homöopathen durchaus Theorien zur „Wirksamkeit“ vertreten, lasse ich mal dahingestellt.

Aber der Vergleich Globuli und Psychopharmaka soll nicht unwidersprochen bleiben.

Was sind Psychopharmaka?

Es sind Medikamente, die Stoffwechselvorgänge im Gehirn beeinflussen und dadurch die psychische Verfassung ändern.

Die beiden wohl bekanntesten Beispiele sind Antidepressiva und Antipsychotika.

Antidepressiva wirken meist über die Normalisierung der Botenstoffe Noradrenalin und Serotonin im Gehirn. Es gibt noch eine Reihe anderer Ansatzpunkte, aber die beiden genannten sind die wichtigsten.

Antipsychotika (auch Neuroleptika genannt) blockieren Dopamin-Rezeptoren im Gehirn und reduzieren dadurch psychotische Symptome.

Die Forschung auf dem Gebiet der Psychopharmaka ist sehr aktiv, natürlich wissen wir hier wie überall in der Medizin auch noch nicht alles. Aber wir können das Wirkprinzip der Psychopharmaka beschreiben und experimentell bestätigen. Die klinische Wirksamkeit wird in standardisierten Studien untersucht und ist mehrfach belegt.

Es ist von daher Humbug, Psychopharmaka und Homöopathika auf diese Weise zu vergleichen bzw. gleich zu setzen.

Psychopharmaka stehen auf dem festen Fundament der Forschung, Homöopathika dagegen nicht. Das ist der Unterschied.

Peter Teuschel

 

Hier kann man sich ganz gut und knapp über Psychopharmaka informieren.

Beitragsbild: von National Institute on Drug Abuse [Public domain], via Wikimedia Commons

5 Responses
  1. Man kann zwar sagen, dass Funktionsweisen und die genaue Funktionalität von Psychopharmaka nicht bekannt sind. Wirkstoffsuchen, präklinische Prüfungen, post mortem Untersuchungen an Tiermodellen u.w. haben aber hinsichtlich Psychopharmaka Erkenntnisse erbracht. Bei Homöopathika hingegen sind, abgesehen von Placeboeffekten überhaupt keine spezifischen Effekte bzw. Subeffekte, geschweige den komplexere Wirkmechanismen bekannt. Wie auch, bei der postulierten Wirktheorie und der Art und Weise, wie Homöopathieforschung betrieben wird? Ich fasse das Zitat daher schon auch als Hybris gegenüber der Psychopharmakologie auf. Wirkungen von Psychopharmaka sind polyvalent und ihr therapeutischer Nutzen mitunter strittig. Das macht den Vergleich fast ein wenig lustig. Aber denkt man an Nebenwirkungsspektren oder Lebenszeitverkürzung bei Neuroleptika, erscheint mir das Zitat ziemlich zynisch.

  2. Als medizinischer Laie finde ich es sogar faszinierend, wie die Psychopharmaka wirken (oder auch nicht wirken). Das schließt auch paradoxe Wirkungen mit ein, die sogar medizinisch genutzt werden können – so wirken einige Stimulanzien bei ADHS-Betroffenen eher beruhigend.

    Dieser mehrfach untersuchte, bestätigte und beschriebene Effekt ist auch für mich, wie für Tausende meiner Leidensgenossen, ein Segen. Aber selbst da versuchte schon mal so eine ausgebildete (ansonsten nette und intelligente) Krankenschwester schon mal, mir die Homöopathie schmackhaft zu machen. Das war in einer Fortbildung zum Thema Medikamente, eigentlich eine seriöse Sache. Und dann so was.

    Ehrlich gesagt macht mir so etwas mehr sorgen als die ganze „Farmer-Industrie“: da kommt ein junger, gar medizinisch, könnte man meinen: ausreichend, ausgebildeter Mensch und leiert allen Ernstes den 200 Jahre alten Schwachsinn hoch drei (pardon: C30) herunter – im besten Willen. Immerhin negierte die Gute nicht die Existenz von ADHS – das hätte sie rein empirisch auch kaum machen können, saß sie doch einem ausgeprägten ADHSler im Raum gegenüber.

    Die Gefahr der „Globulisierung“ als Gegenaufklärung ist nicht genug zu betonen, Homöopathie-Glaube gehört dazu. Dagegen sind die meisten Religionen, als heutzutage Privatsache, nachgerade harmlos.

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