„Hallo Frau Grams,
wir sind von der Pharmaindustrie und möchten Ihnen gerne Geld überweisen (viel Geld!). Wir haben mitbekommen, dass Sie sich gegen Homöopathie und andere Pseudomethoden aussprechen und das kommt uns zu Gute, weil wir gerne an kranken Menschen Geld verdienen möchten – durch Homöopathie werden die aber reihenweise gesund und das passt uns nun so gar nicht. Mit Ihrer Kritik an der Homöopathie helfen Sie uns also, weil…na, Sie wissen schon.
Möchten Sie uns einfach Ihre Kontoverbindung mitteilen?
Benötigen Sie sonst noch etwas, womit wir uns erkenntlich zeigen könnten? Ein Auto? Heimkinoanlage? Ein paar Goldbarren?
Benutzen Sie einfach den beiliegenden Freiumschlag!
Beste Grüße,
Ihre Pharmaindustrie“
So oder ganz ähnlich stellen sich Homöopathie-Anhänger Schreiben vor, die ich nach deren Fantasie wohl täglich erhalten muss. Denn dass ich mich gegen Homöopathie ausspreche, kann nur einen Grund haben: Ich werde dafür bezahlt!
Ich kenne das – nur allzu gut. Denn leider habe ich früher genau diesen Satz auch reflexartig von mir gegeben, sobald sich jemand kritisch über die Homöopathie geäußert hat. Irgendwie kann (oder will) man sich als Homöopathie-Anhänger einfach nicht vorstellen, dass Kritiker recht haben könnten. Da passen eine solche Vermutung oder auch der direkte Vorwurf so wunderbar in den eigenen Kram und sind zudem ja auch so bequem: Macht es dieses Totschlagargument doch überflüssig, sich mit den Argumenten, die Kritiker vorbringen, auseinandersetzen zu müssen, dem kritischen Blick eine Chance zu geben und das bisher fest Geglaubte in Frage zu stellen. Vielleicht eigene Überzeugungen zu hinterfragen, Unsicherheiten zuzulassen, Zweifel auszuhalten.
Zum Glück ist es mir irgendwann gelungen, aber genau das alles zu tun, die Zweifel an der Homöopathie stärker werden zu lassen als meinen „Bezahlt-Reflex“ auszuspielen. Und nein, deshalb fühle ich mich auch nicht irgendwie moralisch überlegen, auch so ein Vorwurf, der ausgesprochen und unausgesprochen an der Stelle von sachlichen Argumenten immer wieder auftaucht. Dazu gibt es ganz einfach nur Folgendes zu sagen:
- Ein Weltbild, in dem man Überzeugungen nur für Geld ändert, halte ich für reichlich schräg.
- Es gibt sehr gute Argumente, warum ich mich gegen die Homöopathie ausspreche (z. B. hier nachzulesen). Und die haben mich davon überzeugt als Homöopathin aufzuhören – obwohl ich dadurch meine lukrative Praxis aufgeben musste (mich also gegen das bequeme Geld entschieden habe).
- Intellektuelle und moralische Redlichkeit waren für mich schon immer die höchsten Güter. Ich kann mich nicht erinnern je gehört zu haben, dass die Pharmaindustrie dafür bekannt wäre, das zu unterstützen. Lobeshymnen auf die Pharmaindustrie habe ich meines Wissens nirgendwo angestimmt.
- Die Hersteller von Homöopathika sind Teil der Pharmaindustrie und haben bisher gut verborgen, dass Globuli nicht auf Bio-Bäumchen wachsen, von denen sie heruntergestreichelt werden. Nein, Leute, mit Homöopathie wird ordentlich Geld verdient – von der Pharmaindustrie.
Ich erhalte übrigens auch kein Geld aus anderen Quellen. Man sagt mir ja mittlerweile auch öffentlich nach, dass ich nur „Aufträge“ annehme, die „viel Geld bringen“.
- Für Interviews bekomme ich nichts bezahlt und mir wird auch nicht vorgeschrieben, was ich sage und was nicht.
- Für TV-Auftritte bekomme ich eine Reisekostenerstattung und manchmal eine Aufwandsentschädigung von um die 100-150 Euro (die bei mir meist für Kinderbetreuung draufgehen).
- Vorträge halte ich in aller Regel kostenlos.
- Wer immer noch glaubt, man verdiene mit einem kleinen Sachbuch nennenswert Geld, der möge selbst eines schreiben. Nur zu!
Mmmh, werden Sie nun vielleicht denken. Die Grams, die gibt das nur alles nicht zu und taucht daheim wie Dagobert Duck durch die Goldwogen. Dann beglückwünsche ich Sie zu Ihrer ersten self-made Verschwörungstheorie und dem Verlassen der Realität. Guten Flug! Können wir jetzt wieder über die Homöopathie reden?
Bild: Fotolia_86426172_XS.jpg
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